Elektrisch unterstütztes Radfahren nimmt stark zu. Im Mai des letzten Jahres war in der Onlineausgabe des Spiegels[1] zu lesen, dass das Fahrrad zeitweise das Auto als wichtigstes Verkehrsmittel abgelöst hatte. Auch wenn sich diese Überlegenheit des Zweirades nur auf einen einzelnen Sonntag erstreckte, lässt sich erkennen, welchen Stellenwert das Fahrrad mittlerweile einnimmt.
Die Verkaufszahlen des Zweirad-Industrie-Verbandes[2] bestätigen diesen Eindruck. Besonders der Markt für E-Bikes entwickelt sich rasant.
2019 wurden bereits 1,36 Mio. E-Bikes abgesetzt. Dies entspricht einem Zuwachs von rund 39 % gegenüber dem Vorjahr. Der Absatz für 2020 wurde mit 1,95 Mio. E-Bikes angegeben, was wieder einen Zuwachs von über 43 % bedeutet. Der Marktanteil der elektrisch unterstützten Fahrräder erreicht damit in 2020 über 38 % und dürfte in diesem Jahr weiter steigen (Bild 1).
Die Vorteile eines E-Bikes liegen auf der Hand, es ermöglicht längere Wegstrecken und höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten. Auch das zügige Pendeln zur Arbeit wird schweißfrei möglich. Immer mehr konventionelle Fahrräder dürften somit durch E-Bikes ersetzt werden. Wo dem klassischen Fahrrad noch die gesamte Energie über die Pedale zugeführt wurde, unterstützt beim E-Bike ein leistungsstarker Lithium-Ionen-Akku den Vortrieb. Mit einer hohen Energiedichte bei vergleichsweise geringem Gewicht sowie einer geringen Selbstentladung eignet sich diese Akku- Technologie gut für mobile Anwendungen (Bild 2).
Beim Akku gibt es einiges zu beachten
Eine weitere positive Eigenschaft von Lithium-Ionen-Akkus ist, dass bei jedem Ladezustand aufgeladen werden kann. Eine vollständige Entladung vor dem Aufladen ist nicht notwendig und kann sich sogar negativ auf die Lebensdauer des Akkus auswirken. Um die Gefahr einer Tiefenentladung des Akkus bei längerer Nichtbenutzung (z. B. im Winter) zu verhindern, sollte der Akku auf ca. 50 % aufgeladen und der Ladezustand zwischenzeitlich überprüft werden.
Von Lithium-Ionen-Akkus kann allerdings auch eine Brandgefahr ausgehen und die Benutzer müssen sich mit dem Gefahrenpotenzial auseinandersetzen.[3] Denn in vielen Fällen ist es ein unsachgemäßer Umgang mit der Technologie, der zu gefährlichen Situationen führt. Bei sachgerechter Handhabung geht von Lithium-Ionen-Akkus kein außergewöhnliches Brandrisiko aus. Entsprechend gehört die Bedienungsanleitung bei diesen Produkten zur Pflichtlektüre. Insbesondere beim Aufladen des Akkus gibt es einige Punkte zu beachten.
Die Hersteller stimmen Ladegerät und Akku optimal aufeinander ab und führen umfangreiche Tests durch. Es sind daher nur vom Hersteller freigegebene Ladegeräte und Akkus zu verwenden.
Bei Internethändlern tauchen vermehrt als kompatibel bezeichnete Ersatz-Akkus und Ladegeräte auf, die den Originalen zum Verwechseln ähnlich sehen. Vielfach sind die Qualität und die Verarbeitung der preiswert angebotenen Ware ungenügend.
Beschädigte Anschlussleitungen an Ladegeräten bergen neben der Gefahr eines elektrischen Schlages auch eine Brandgefahr. Ist der Akku verformt (z. B. aufgebläht) oder beschädigt, besteht akute Brandgefahr. Akku und Ladegerät sind daher vor jeder Verwendung auf Beschädigungen zu überprüfen. Beschädigte Geräte dürfen nicht verwendet werden und müssen durch vom Hersteller zugelassene Ersatzteile ersetzt werden (Bild 3).
Ladegerät und Akku entwickeln beim Aufladen Wärme und können bei einem technischen Defekt auch Funken schlagen. Um einen Wärmestau zu vermeiden, dürfen Ladegerät und Akku nicht abgedeckt sein und müssen frei von brennbarem Material gehalten werden (Bild 4).
Sturz und extreme Temperaturen als Gefahr für den Akku
Neben Fehlern beim Aufladen des Akkus sind mechanische Beschädigungen am Akku eine häufige Brandursache. Ein Sturz mit dem E-Bike (Bild 5) oder einfach nur der Wind, der das elektrisch unterstützte Fahrrad umwirft, können den Akku beschädigen. Dieser sollte daher nach solchen Ereignissen auf sichtbare Beschädigungen überprüft werden. Bei sichtbaren Schäden darf der Akku nicht weiterverwendet werden und muss von einem Fachmann überprüft werden. Nicht immer sind die Beschädigungen äußerlich erkennbar, können aber zu einem Kurzschluss im Inneren des Akkus führen. Lassen sich keine Schäden erkennen, ist beim nächsten Ladevorgang besonders auf ungewohnte Geräusche, Geruchs oder Hitzeentwicklung zu achten. Verhält sich der Akku anders als gewohnt, ist der Ladevorgang sofort zu stoppen und der Akku ins Freie zu bringen.
Neben den elektrischen Kenngrößen kommt bei Lithium-Ionen-Akkus auch der Temperatur eine hohe Bedeutung zu. Sowohl zu hohe als auch zu niedrige Temperaturen können den Akku schädigen.
Während der Betrieb (Entladen des Akkus) bei leichten Minustemperaturen von vielen Herstellern zugelassen wird, ist das Aufladen nur bei Plusgraden erlaubt. Mit Blick auf die Lebensdauer des Akkus sollte auf ein Laden bei niedrigen Temperaturen grundsätzlich verzichtet werden.
Ideal für das Aufladen ist in der Regel eine Raumtemperatur von circa 18 °C. Dabei ist zu beachten, dass sich der Akku erst „akklimatisieren” muss, wenn Temperaturunterschiede vorliegen.
Wird das E-Bike im Sommer nicht an einem schattigen Platz abgestellt, ist die höchste zulässige Betriebstemperatur des Akkus schnell erreicht.
Auch im Inneren eines abgestellten Autos werden im Sommer Temperaturen erreicht, die einen Lithium- Ionen-Akku schädigen können. Sie sind daher unbedingt zu vermeiden.[4] Gleiches gilt für andere Wärmequellen wie Kaminöfen oder offenes Feuer.
Sicheres Laden und Abstellen von E-Bikes
Bewohner von Einfamilienhäusern dürften Ihre E-Bikes überwiegend in der zugehörigen Garage abstellen. Es empfiehlt sich in dem Bereich, in dem das E-Bike aufgeladen wird, einen Rauchwarnmelder zu installieren. Für Räume, die sich nicht in „Hörweite“ befinden, sind funkvernetzte Rauchwarnmelder besonders vorteilhaft. Wird an einem Melder Rauch erkannt, wird dies von allen vernetzten Geräten gemeldet.
In Mehrfamilienhäusern sind mitunter bereits Fahrradabstellräume eingerichtet. Sollen diese Räume auch zum Abstellen und Aufladen von E-Bikes genutzt werden, wird dringend empfohlen, den Raum an die neuen Bedürfnisse anzupassen. Selten verfügen solche Räume über eine ausreichende Anzahl an fest installierten Steckdosen. Immer wieder behelfen sich die Nutzer dann mit „freifliegenden“ Konstruktionen aus ungeeigneten Verlängerungsleitungen und Mehrfachsteckdosen. Für die Nachrüstung bieten sich Brüstungskanalsysteme oder Kabelbühnen an, die auch zur sicheren Ablage der Ladegeräte genutzt werden können (Bild 6).
Ist im Gebäude bereits eine Brandmeldeanlage vorhanden, sollte auch der Fahrradabstellraum mit überwacht werden.
Um bei einem Brand im Abstellraum eine Ausbreitung von Feuer und Rauch auf das übrige Gebäude zu verhindern, sollte der Raum baulich abgetrennt sein und über eine mindestens feuerhemmende Tür mit Rauchschutzfunktion verfügen. Für ein komfortables Rangieren der Räder wird empfohlen, die Tür mit einer bauaufsichtlich zugelassenen Feststelleinrichtung mit Rauchauslösung auszustatten.
Fazit
Grundsätzlich sollte der Ort zum Aufladen und Abstellen des E-Bikes sorgfältig unter Beachtung der Hinweise des Herstellers in der Bedienungsanleitung ausgewählt werden. Ein separater Fahrradabstellraum ist gegenüber einem Aufladen des Akkus in den Wohnräumen immer die bessere Lösung.
Hinweise zum Umgang mit E-Bikes im Gewerbe, mit besonderem Fokus auf den Fahrradhandel [5], finden sich in schadenprisma Ausgabe 2/2020.
Bernd Große-Scharmann (M.Sc.), Risikoingenieur
Abteilung Schadenverhütung & Risikoberatung, im Provinzial Konzern, Münster
LITERATUR
(1) Spiegel; Mobilität in der Coronakrise; Fahrrad löst Auto zeitweise als wichtigstes
Verkehrsmittel ab; https://www.spiegel.de/auto/mobilitaet-in-der-corona-krise-wenigerschiene-mehr-pedal-a-1ee08f4e-b243-40acbea7-65e61ae8f3d1
(2) Zweirad-Industrie-Verband e.V.; Marktdaten; Wirtschaftspressekonferenz vom 10.03.2021; https://www.ziv-zweirad.de/marktdaten/
(3) Brände durch Lithium-Akkus nehmen zu, Dr. Hans-Hermann Drews, schadenprisma 3/2019
(4) Der eBike Akku-Guide Robert Bosch GmbH, Akku-Guide 2021, https://www.bosch-ebike.com/fileadmin/EBC/Service/Downloads/Akku_Guide/Akku_Guide_MY21/Bosch-eBike-Batteryguide-MY21-DE.pdf
(5) Brandschutzmaßnahmen im E-Bike- / Pedelec-Fahrradhandel, Dipl.-Ing. Volker Rautenberg, schadenprisma 2/2020