Hinweise zur Planung von Nutzungsänderungen in landwirtschaftlichen Betrieben
Die Herausforderungen für Landwirte steigen, die notwendigen Investitionen zur wirtschaftlich erfolgreichen Fortführung landwirtschaftlicher Betriebe erhöhen sich. Neue Betriebszweige werden gegründet, bestehende Gebäude umgenutzt. Bei Betriebsaufgaben erfahren landwirtschaftliche Gebäude häufig eine nicht landwirtschaftlich geprägte Nachnutzung. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn in ehemals landwirtschaftlich genutzten Betriebsgebäuden Campingmobile ein- oder abgestellt werden.
In der Regel sind landwirtschaftliche Flächen und Gebäude – wie Ställe und Bergehallen – für die Unterbringung von Nutztieren, die Lagerung von Futtermittel oder z. B. das Einstellen der notwendigen landwirtschaftlichen Geräte vorgesehen. Welche Nutzung in einem Gebäude zulässig ist und welche baulichen Anforderungen nach gesetzlichen Vorschriften an bestehende Gebäude gestellt werden, ist in den erteilten Baugenehmigungsunterlagen zu finden. Die Anforderungen, die bei einer Nutzungsänderung von landwirtschaftlichen Betriebsgebäuden greifen, sind ebenfalls in den (meist) baurechtlichen Bestimmungen und Vorschriften des jeweiligen Bundeslandes geregelt.
Die Änderung einer speziellen Nutzung ist meist genehmigungspflichtig. Das mag als bürokratisch empfunden werden, gründet aber darauf, dass die Errichtung von landwirtschaftlichen Betrieben mit gesetzlich festgelegten Erleichterungen und Privilegien für die Landwirtschaft verbunden ist, die für den Fall einer Nutzungsänderung ent- bzw. verfallen. Andere Nutzungen sind meist mit zusätzlichen Vorschriften und Einschränkungen verbunden. Es gelten dann die vom Gesetzgeber vorgegebenen allgemeinen baurechtlichen Schutzziele, z. B. zum Brand- und Personenschutz, ohne die speziellen Erleichterungen. Es können auch über das Baurecht hinaus gehende Bestimmungen greifen wie Naturschutzgesetze, Gewässerschutz- oder spezielle Vorschriften für landwirtschaftliche Flächen und Betriebe an sich.
In den meisten Fällen wird eine Änderung der Nutzung in einem landwirtschaftlich genutzten Betriebsgebäude nur über ein bauaufsichtliches Genehmigungsverfahren rechtssicher möglich sein. Das heißt, es ist ein Bauantrag zu stellen, in dem dann die neue Nutzung mit den geltenden Bestimmungen darzustellen ist.
Informieren Sie sich bei einer Nutzungsänderung vorab umfassend über den Bestandsschutz Ihres Gebäudes und die geltenden Vorschriften.
Letztlich ist es wichtig, die geltenden Vorschriften und Bestimmungen zu kennen und sich daran zu halten. Denn ein Verstoß gegen gesetzliche und behördliche Vorschriften kann als Verletzung von versicherungsvertraglich vereinbarten Obliegenheiten zu werten sein. Das kann im Versicherungsfall zur drastischen Kürzung der Versicherungsleistung oder gar zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen. Auch kann ein Verstoß zu zivil- und sogar strafrechtlichen Konsequenzen führen. Vor der Umsetzung einer Nutzungsänderung in einem landwirtschaftlichen Betrieb ist es deshalb dringend ratsam – ggf. zusammen mit einem bauvorlageberechtigten Architekten –, die erforderlichen Schritte abzuklären und die notwendigen Genehmigungen einzuholen.
Bei den örtlichen Baubehörden erhalten Sie zudem Auskunft über regional geltende Vorschriften, über Genehmigungsverfahren im jeweiligen Bundesland und den genauen Ablauf des Verfahrens.
Rechtlich relevante Nutzungsänderungen können aber auch dann vorliegen, wenn nicht in die Bausubstanz eingegriffen wird, sondern die Gebäude nur anderweitig, „nicht landwirtschaftlich“ genutzt werden sollen.
Am Beispiel „Ein- bzw. Abstellen von Wohnmobilen in ehemals bzw. sonst landwirtschaftlich genutzten Betrieben oder Gebäuden“ sind nachfolgend Hinweise zu dieser konkreten Nutzungsänderung zusammengestellt.
01 / Allgemeines zum Abstellen von Wohnmobilen in Gebäuden
Nach bauordnungsrechtlicher Definition sind Räume, deren bestimmungsgemäße Nutzung im Abstellen von Kraftfahrzeugen besteht, „Garagen“, unabhängig davon, wie viele, ob eigene oder fremde Fahrzeuge, entgeltlich oder unentgeltlich eingestellt werden. In den zuvor anders genutzten Räumen oder Gebäuden liegt somit nach dem Gesetz eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung vor. Das schließt die Erstellung eines Brandschutznachweises zum Bauvorhaben ein.
Im Zuge der nicht landwirtschaftlich geprägten Nutzungsänderung entfallen die im Rahmen des Bauplanungsrechts und des Bauordnungsrechts geltenden Erleichterungen für landwirtschaftlich genutzte Gebäude. Diese will der Gesetzgeber dem Landwirt nur zur Unterstützung des Wirtschaftens gewähren. Das kann dazu führen, dass für die neue Nutzung die Genehmigungsfrage anders zu beantworten ist als für die Nutzung davor.
Auch wenn für die neue Nutzung eine Genehmigung an sich möglich erscheint, werden in den meisten Fällen baurechtlich höhere Anforderungen an die Bauteile des Gebäudes gestellt (z. B. Feuerwiderstand der Holz- oder Stahlkonstruktion, feuerhemmende Türen, Fluchtwege etc.), als es für landwirtschaftlich genutzte Gebäude der Fall ist. Bei beabsichtigter Nutzungsänderung ist man als Betriebsleiter also gut beraten, diese Fragen rechtzeitig, am besten vorab, mit einem bauvorlageberechtigten Planer und/oder der örtlich zuständigen unteren Bauaufsichtsbehörde (meist das Landratsamt oder die große Kreisstadt/kreisfreie Stadt) zu klären.
Bauliche Anforderungen beim Abstellen von Wohnmobilen in Gebäuden
Grundsätzlich dürfen Kraftfahrzeuge ausschließlich in Garagen eingestellt werden. Die baulichen Anforderungen, die an Garagen gestellt sind, ergeben sich abhängig von den in den Bundesländern erlassenen Verordnungen zum Bau und Betrieb von Garagen.
Diese Vorgaben betreffen vor allem
• das Brandverhalten und die Feuerwiderstandsfähigkeit von Baustoffen und Bauteilen (insbesondere von tragenden und aussteifenden Bauteilen sowie Trennwände und Decken),
• Lüftung und CO-Alarmierung,
• je nach Größe den anlagentechnischen Brandschutz (ggf. Brandmeldeanlagen, Entrauchungsanlagen, Löschanlagen).
Ausgenommen von dieser Regelung ist üblicherweise das Einstellen von
• Arbeitsmaschinen oder landwirtschaftlichen Zugmaschinen,
• Fahrzeugen, deren Batterie ausgebaut ist, oder
• wenn die Abstellräume Ausstellungs-, Verkaufs-, Werk- oder Lagerräume für
Kraftfahrzeuge sind.
Diese privilegierten Fahrzeuge dürfen also auch in „Nicht-Garagen“ eingestellt werden.
Das Einstellen von Wohnmobilen in anderen Räumen als Garagen, z. B. in landwirtschaftlichen Scheunen, ist rein rechtlich also nur zulässig, wenn die Batterie ausgebaut wird. Sind mehrere Batterien im Fahrzeug verbaut, gilt dies entsprechend.
Umgekehrt gilt: Sollen Wohnmobile mit Batterie (oder mehreren Batterien) eingestellt werden, so sind diese Räume von den Anforderungen her gesehen als Garage zu betrachten und somit entsprechend den geltenden baurechtlichen Bestimmungen die für Garagen erhöhten Sicherheitsstandards herzustellen.
In Versicherungsverträgen wird mit einer Basisklausel die Einhaltung öffentlich-rechtlicher Vorschriften grundsätzlich vereinbart. Beabsichtigte Nutzungsänderungen sollten somit in jedem Fall mit dem Versicherer schon in der Planungsphase abgestimmt werden, um für die Bauphase und auch danach den gewünschten Versicherungsschutz nicht zu gefährden.
Nicht alle Versicherungsunternehmen verwenden identische Versicherungsbedingungen und beurteilen eine Risikoveränderung gleich. Wichtig ist daher, dass risikorelevante Veränderungen mit dem Versicherer rechtzeitig erörtert, geklärt und schriftlich vereinbart werden, um Versicherungslücken, Unterversicherung und auch mögliche Obliegenheitsverletzungen zu vermeiden.
02 / Vorschriften zum Betrieb einer Garage beim Abstellen von Wohnmobilen in Gebäuden
Neben den baulichen Anforderungen, die an Garagen gestellt werden, sind in Garagen auch Vorschriften zum Betrieb zu beachten, die der Gesetzgeber aus Gründen des Brand- und Personenschutzes fordert. Beispielsweise dürfen in Garagen oft nur „unerhebliche Mengen“ brennbarer Stoffe gelagert werden. Es dürfen in diesen Räumen somit keine Ernteerzeugnisse, Stroh, brennbare Baumaterialen oder Düngemittel und dergleichen vorhanden sein.
Auch Gasflaschen können ein Risiko darstellen, vor allem wenn diese in Kellerräumen, Flucht- und Rettungswegen, Arbeitsräumen oder auch in Garagen gelagert werden. Meist sind in den Wohnmobilen auch Gasflaschen eingebaut oder gelagert. Aus Sicherheitsgründen ist es grundsätzlich empfehlenswert, Gasflaschen auszubauen und an einem sicheren Ort zu lagern. Werden Gasflaschen in anderen Räumen gelagert, greifen darüber hinaus die Bestimmungen zur Lagerung von Gefahrstoffen (z. B. TRGS 510).
Auch hier wird die konkrete Risikosituation durch Versicherungsunternehmen nicht einheitlich bewertet, sodass sich der schon erwähnte Abstimmungsprozess mit dem Versicherer dringend empfiehlt (s. o.).
In Wohnmobilen, die in Räumen eingestellt sind, darf nicht gewohnt oder übernachtet werden. Garagen sind keine Aufenthaltsräume oder gar Schlafräume, da beispielsweise keine geeignete Belichtung und Belüftung vorhanden ist sowie Vergiftungs- und Erstickungsgefahr besteht. Die Anforderungen an Garagen dienen aus Sicht des Gesetzgebers auch dem Personenschutz und sind demnach darauf ausgelegt, dass sich dort Menschen nur kurzfristig aufhalten.
03 / Abstellen von Campingmobilen auf Freiflächen – eine Nutzungsänderung?
Abschließend sei noch angemerkt, dass eine Nutzungsänderung im Sinne landesrechtlicher Vorschriften nicht nur bei Änderung der Nutzung in Gebäuden, sondern auch im Freien vorliegen kann. In vielen Fällen sind auch hier konkrete bauordnungs- wie bauplanungsrechtliche Anforderungen zu beachten.
Hierbei ist zu unterscheiden, ob Wohnmobile oder auch Wohnwagen nur parken oder ob jemand in diesen auch übernachtet. Ebenso kann die Anzahl der abgestellten Fahrzeuge oder Anhänger maßgeblich sein.
Bei der Konzeption von Parkflächen für Campingmobile ist darauf zu achten, dass:
• die Zufahrten für Feuerwehr und Rettungsdienste nicht beeinträchtigt werden,
• die Flächen für die Feuerwehr gemäß „Richtlinie über Flächen für die Feuerwehr“ frei bleiben,
• Hydranten oder sonstige Wasserentnahmestellen vorhanden sind und nicht blockiert werden,
• Ausgänge, d. h. Flucht- und Rettungswege in und aus den Gebäuden ins Freie nicht verstellt oder behindert werden.
• Außerdem dürfen Abstandsflächen und Flächen zwischen Parkflächen und Gebäuden nicht zugeparkt werden. Dadurch besteht die Gefahr, dass im Brandfall das Feuer auf Gebäude überspringt.
Das Abstellen von Campingmobilen zur Übernachtung im Freien ist – für sich gesondert betrachtet – regelmäßig nicht baugenehmigungspflichtig, aber auch nach landesrechtlichen Vorschriften zu prüfen. Meist ist eine Genehmigung erforderlich, wenn das Abstellen für einen längeren Zeitraum (mehrere Monate) erfolgt. Für die Plätze, auf denen das Abstellen erfolgt, besteht hingegen regelmäßig das Erfordernis einer Baugenehmigung. Ab vier Plätzen handelt es sich z. B. in Bayern um einen Campingplatz, der gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 15 BayBO ein sog. genehmigungspflichtiger Sonderbau ist. Das bedeutet, dass auch hier im Rahmen eines Brandschutzkonzeptes erforderliche Maßnahmen, wie z. B. Verkehrswege oder Abstände, individuell beachtet werden müssen.
Daneben besteht z. B. in Bayern in definierten Fällen die Pflicht zur Einholung einer gemeindlichen Erlaubnis nach Art. 25 Abs. 2 Gesetz über das Landesstrafrecht und das Verordnungsrecht auf dem Gebiet der öffentlichen Sicherheit und Ordnung (LStVG).
Auch für die Herstellung einzelner (bis zu drei) Abstellplätze kann es – je nach Bundesland unterschiedlich – eine Baugenehmigungspflicht geben.
Unter welchen Voraussetzungen Plätze zum Abstellen von Campingfahrzeugen auf landwirtschaftlichen Betrieben im Außenbereich privilegiert sein können, ist daher am sichersten bei den zuständigen Genehmigungsbehörden zu erfragen.
Die Ausführungen veranschaulichen eindrucksvoll die möglicherweise bei Nutzungsänderung entstehende (rechtliche) Komplexität. Sie ist die Kehrseite der den landwirtschaftlichen Betrieben vom Gesetzgeber zur Erleichterung ihres Wirtschaftens an vielen Stellen eingeräumte Privilegierung. Betriebliche Transformation und Umsetzung neuer, wirtschaftlich lukrativer Unternehmungen ist für die Zukunft landwirtschaftlicher Unternehmer unausweichlich. Es ist angesichts zahlreicher, oft von Bundesland zu Bundesland abweichender Vorschriften dringend empfehlenswert, die hierfür geltenden Rahmenbedingungen im Vorfeld von Nutzungsänderungen mit den gemeindlichen und baugenehmigenden Stellen sowie dem eigenen Versicherungsunternehmen zu klären.
Romana Scheidl,
Technisches Risk-Management, Versicherungskammer Bayern, München