Die potenzielle Brandgefahr in jedem Haushalt!
Mindestens ein Kühlschrank bzw. eine Kühlgefrierkombination steht in Deutschland in jedem Haushalt [1] und damit auch eine potenzielle Brandgefahr. Dass von diesen Geräten Brände mit verheerenden Folgen ausgelöst werden können, ist wohl spätestens seit dem Feuer vom 14.06.2017 im Londoner „Grenfell Tower“ mit über 70 Toten bekannt. Auf den folgenden Seiten sollen daher zunächst Fallbeispiele von Bränden im Zusammenhang mit Kühlschränken vorgestellt werden, die durch den Verfasser dieses Artikels allein im Jahr 2022 untersucht wurden. Anschließend sollen Hinweise und Verhaltensregeln abgeleitet werden, mit deren Hilfe das Risiko eines derartigen Ereignisses bzw. zumindest dessen Auswirkungen in Ihrem Haushalt reduziert werden können — denn gänzlich verhindern lassen sich Brände durch Kühlschränke nicht! Auch in den letzten Jahren wurde die Brandursachenstatistik des IFS fortgeschrieben (Grafik 1). [2] Wie seit dem Beginn dieser Statistik ist stets „Elektrizität“ als häufigste Brandursache zu vermelden. Das Stichwort „Elektrizität“ kann dann weiter in „Elektrogeräte“ (etwa 55 %) und „Elektroinstallationen“ (etwa 28 %) sowie „Sonstige“ (etwa 17 %) aufgeschlüsselt werden (Statistik hier nicht abgebildet). [3]
Eine Auswertung der Brände durch „Elektrogeräte“ zeigt, dass in den Jahren 2001 bis 2003 am häufigsten Wäschetrockner als brandursächlich identifiziert wurden (etwa 25 % aller Brände durch Elektrogeräte in dieser Zeit). Im selben Zeitraum waren Kühlgeräte „nur“ für etwa 10 % aller Brände durch Elektrogeräte verantwortlich.</h2>
Kühlgeräte konstant hoch
Werden die Zahlen für den gesamten Zeitraum zwischen 2001 und 2021 betrachtet, zeichnet sich ein klarer Trend ab (Grafik 2): Für Wäschetrockner hat die Häufigkeit als Brandverursacher seit dem Höchststand in den Jahren 2001 bis 2003 weitgehend kontinuierlich und auch deutlich abgenommen (2019 bis 2021: 7 %) — das IFS hatte über die besondere Brandgefahr der Wäschetrockner regelmäßig berichtet. [4] Fernseher haben in den Jahren 2007 bis 2009 ein Maximum durchlaufen (17 %) und sind aktuell kaum noch Brandursächlich. [5] Kühlgeräte haben dagegen ein beinahe unverändert hohes Niveau gehalten (2019 bis 2021: 9 %). Grund genug, hier nachzusteuern. Besonders auffällig ist auch die rapide steigende Zahl von Bränden durch Lithium-Ionen-Akkus, was mit deren rasant steigender Verbreitung einhergehen dürfte. [6]
Wie bereits in einem früheren Artikel ausgearbeitet, fallen unter „Elektrogeräte“ auch all diejenigen Geräte, die über einen Netzstecker verfügen und somit auch Kühlschränke bzw. allgemein Kühlgeräte. [7]
Eine der einfachsten und zugleich sichersten Methoden, um Brände an Elektrogeräten mit Netzsteckern zu verhüten, ist, diesen Netzstecker zu ziehen. Denn: „Ein einfacher Handgriff kann Schäden verhindern und Leben retten!“, wie in der „Initiative: Stecker raus“ festgestellt wurde. [7] Die Forderung, den Netzstecker bei Nichtbenutzung eines Gerätes sowie bei Abwesenheit der Benutzer vom Stromnetz zu trennen, wird dabei nicht nur vom IFS nahegelegt, sondern in den allermeisten Fällen auch von den Herstellern gefordert. Nun würde die Forderung, den Netzstecker eines Kühlgerätes immer dann zu ziehen, wenn man nicht zu Hause ist, allerdings ins Absurde führen. Stattdessen sollten alternative Mechanismen und Verhaltensregeln ausgearbeitet werden, um Brände im Zusammenhang mit Kühlgeräten zu verhüten. Warum dies empfehlenswert ist, soll nach einer Vorstellung der Bau- und Arbeitsweise von Kühlgeräten anhand von nachfolgenden Fallbeispielen gezeigt werden.
Bau- und Arbeitsweise von Kühlgeräten
Kühlgeräte (Bild 1) bestehen, vereinfacht ausgedrückt, aus einem thermisch isolierten Bereich, der abgekühlt werden soll, zwei Wärmetauschern (einem internen und einem externen), einem Kompressor mit Anlaufvorrichtung und weiteren elektrischen Komponenten, darunter ein Motorkondensator. Die meisten handelsüblichen Kühlgeräte nutzen den Joule-Thomson- Effekt. Dabei wird Energie in Form von Wärme durch Verdunsten eines flüssigen Kältemittels innerhalb des internen Wärmetauschers dem Innenraum des Kühlgerätes entzogen. Anschließend wird das verdampfte Kältemittel adiabatisch komprimiert und kondensiert in der Folge in einem externen Wärmetauscher. Die bei der Kondensation frei werdende Wärmeenergie wird über diesen Wärmetauscher, der sich meist über die gesamte Rückseite des Gerätes erstreckt, an die Umgebung abgeführt. Das verflüssigte Kältemittel wird dann über ein Drosselventil wieder in den Kreislauf zurückgeleitet (vgl. Bild 1). Die Temperatur des Kühlgerätes wird über einen Thermostaten gesteuert, der den Kompressor ein- bzw. ausschaltet. Für die Kompressoren werden meist sogenannte Kondensatormotoren verwendet, wobei die für den Betrieb notwendige Phasenverschiebung des Wechselstroms durch einen vor den (Hilfs-)Motorwicklungen in Reihe geschalteten externen Kondensator erzeugt wird.
Fallbeispiel 1
Der erste im Folgenden vorgestellte Schaden aus dem Jahr 2022 wurde in einem beschaulichen Örtchen in Sachsen-Anhalt Ende März untersucht. Hier war es laut Auskunft der Bewohner in einem Reihenendhaus zu einem Brand in einer Küche im Erdgeschoss in Anwesenheit der Betroffenen gekommen. In der Küche wurde zunächst ein „Flimmern“ im unteren Bereich hinter einem Tiefkühlschrank und kurz darauf eine Brandentwicklung bemerkt. Glücklicherweise konnte der Brand durch einen eigenen Löschversuch der Bewohner bereits weitgehend unter Kontrolle gebracht werden, sodass die alarmierte Feuerwehr „nur noch“ nachlöschen musste. Aufgrund dessen wird der Schadenort nur geringfügig verändert angetroffen. Bei der Untersuchung vor Ort wird in dem Bereich, in dem der Tiefkühlschrank ursprünglich aufgestellt war, eine deutliche Rußfahne an der dahinter befindlichen Wand vorgefunden. Diese Rußfahne beginnt unmittelbar über dem Fußbodenniveau (Bild 2). Dort befindet sich dem Spurenbild nach der Brandausbruchbereich. Im Außenbereich hinter dem Haus werden eine Kühlgefrierkombination und der Tiefkühlschrank aufgefunden. Diese sind auf der Vorderseite (Bild 3) und im Inneren (nicht abgebildet) vergleichsweise geringfügig brandbeschädigt. Ein Blick auf die Rückseite zeigt jedoch, dass der Tiefkühlschrank vor allem im bodennahen Bereich, in dem sich der Kompressor mit der Anlaufvorrichtung befindet, am intensivsten brandgezehrt ist: Einzig in diesem Bereich ist das Isolationsmaterial des Kühlgerätes verbrannt (Bild 4). Hier war es zu einem Initialbrand, ausgehend von der Anlaufvorrichtung des Kompressors, gekommen.
Fazit
Brände an Kühlgeräten im Zusammenhang mit der Anlaufvorrichtung wurden vom IFS bereits früher vorgestellt. [8] Dort war es zu einer Serie von Bränden an der Anlaufvorrichtung von „Danfoss“- Kompressoren gekommen.
Fallbeispiel 2
Der zweite Schaden aus dem Jahr 2022 im Zusammenhang mit Kühlgeräten führte in eine Kleinstadt im Land Brandenburg. Hier war es nach einem Einbruch in ein Ladengeschäft durch die Dacheindeckung des Gebäudes hindurch (!) im Anschluss zu einem Brand gekommen. Allerdings wurde das Feuer nicht von den Dieben gelegt, wie es nicht selten passiert, wenn Spuren verwischt werden sollen, sondern wurde durch eine Kühlgefrierkombination ausgelöst. Auch bei diesem Schaden ist der Brandausbruchbereich anhand der an der Kühlgefrierkombination am tiefsten hinabreichenden Brandzehrungen, bei denen es sich zugleich um die intensivsten Brandzehrungen handelt, eindeutig zu identifizieren (Bild 5). Der Brand nahm seinen Ursprung an der Rückseite des Gerätes und da wiederum im bodennahen Bereich. Dort befinden sich auch bei diesem Gerät der Kompressor und andere elektrische Bauteile. Auch hier ist die Vorderseite der Kühlgefrierkombination vergleichsweise gut erhalten, wobei in diesem Fall bereits an der von vorn betrachtet rechten Seite der Kühlgefrierkombination direkt oberhalb der Bodengruppe Zeichen intensiver Hitzeeinwirkung in Form von deutlichen Korrosionsspuren zu finden sind (Bild 6).
Bei der weiteren Untersuchung werden zunächst keine konkreten Anhaltspunkte
für eine Brandursache an den im Bereich des Kompressors verbauten elektrischen Bauteilen festgestellt (Bild 7). Erst als der Kondensator um die eigene Achse gedreht wird, kann festgestellt werden, dass dieser im mittleren Bereich eine Durchbrennung von innen nach außen aufweist (Bild 8). Im Anschluss an den Ortstermin wird dann in Erfahrung gebracht, dass in der Kühlgefrierkombination eine Dose mit den Tageseinnahmen des Ladengeschäftes versteckt gewesen war und die Diebe diese gezielt gesucht haben müssen. Daher kann davon ausgegangen werden, dass das Gerät offen stehend zurückgelassen wurde.
Fazit
Wenn Kühlgeräte offen stehen, kann dies zu einem Dauerbetrieb und in der Folge zu einer Überlastung der elektrischen Komponenten führen, wie es im vorliegenden Fall geschehen sein muss.
Fallbeispiel 3
Der dritte hier vorgestellte Schaden aus dem Jahr 2022 entstand in Magdeburg. Bei diesem Schaden waren die Mieter zu Hause. Zum Brand kam es jedoch um etwa 03:00 Uhr mitten in der Nacht. Die Bewohner wurden im Schlaf von den Rauchwarnmeldern geweckt. Auch wenn der Brand zu diesem Zeitpunkt bereits zu einer starken Rauchentwicklung geführt hatte, wurden die Mieter durch die Rauchwarnmelder noch rechtzeitig genug gewarnt, um die Wohnung verlassen zu können. Bei der Untersuchung vor Ort wird der Brandausbruchbereich wieder im ehemaligen Aufstellbereich einer Kühlgefrierkombination festgestellt. Allerdings befinden sich die tiefsten Brandschäden diesmal nicht im bodennahen Bereich hinter dem Gerät. Stattdessen beginnen diese an den angrenzenden Wänden etwas höher und im vorderen bis mittleren Bereich des Gerätes (Bild 9). Der Bereich mit dem Kompressor wird bei diesem Gerät dann auch weitgehend unbeschädigt vorgefunden (Bild 10).
Stattdessen zeigen sich die intensivsten Brandzehrungen innerhalb des Gerätes, in dem Bereich zwischen dem Gefrierteil (unten) und dem Kühlteil (oben). Dort ist das aus Kunststoff bestehende Material des Korpus weitgehend verbrannt (Bild 11). Bei der Detailuntersuchung wird dort eine einzelne Schweißperle an der elektrischen Zuleitung der Abtauheizung des Gerätes als Beleg für einen Lichtbogenübergang („Kurzschluss“) gefunden (Detailansicht auf Bild 11).
Wenn Kühl- bzw. Tiefkühlgeräte längere Zeit offen stehen bzw. häufig geöffnet werden oder Lebensmittel eingebracht werden, die viel Feuchtigkeit abgeben, kann sich um den Bereich des internen Wärmetauschers ein Eispanzer bilden.
Je dicker dieser Eispanzer wird, desto ineffektiver funktioniert die Kühlung. Dies führt wiederum dazu, dass der Kompressor mehr arbeiten muss. Um diesem Effekt entgegenzuwirken, verfügen moderne Kühlgefrierkombinationsgeräte meist über eine sogenannte Abtau- bzw. Zusatzheizung, die vorwiegend im Bereich zwischen dem Gefrier- und dem Kühlteil verbaut ist. Im Regelfall kann allein auf Grundlage einer einzelnen „Kurzschluss“-Spur nicht unterschieden werden, ob es sich dabei um einen primären (den Brand auslösend) oder einen sekundären „Kurzschluss“ (Folge des Brandes durch thermische Beschädigung des Isolationsmaterials) handelt. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu bedenken, dass die Zusatzheizung nur sehr sporadisch zum Einsatz kommt. Die Wahrscheinlichkeit, dass gerade dann ein Brand entsteht, wenn die Heizung in Betrieb ist, ist hinreichend gering, sodass im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des weiteren Brandspurenbildes davon auszugehen ist, dass die Brandentstehung auch auf diesen „Kurzschluss“ zurückzuführen ist. Unabhängig von der eigentlichen Brandursache bestätigt die Schweißperle aber in jedem Fall, dass der Brand in diesem Bereich ausgebrochen war.
Fazit
Wie jedes elektrische Gerät bzw. jede elektrische Komponente kann auch die Zusatzheizung eines Kühlgerätes einen Brand auslösen. Je häufiger die Zusatzheizung in Betrieb geht, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein technischer Defekt auftritt, wie es bei diesem Fallbeispiel geschehen ist.
Fallbeispiel 4
Der vierte Brandschaden im Zusammenhang mit einem Kühlgerät ereignete sich in einer Teeküche eines großen Berliner Büroturmes. Dort kam es an einem Vormittag zu einem Brand. Bedingt durch die zu dieser Zeit bestehende Verpflichtung, Mitarbeiter möglichst im Home-Office arbeiten zu lassen, befanden sich zur Schadenzeit nur zwei Personen auf der gesamten Etage. Diese bemerkten den Brand jedoch zunächst nicht. Nur durch Zufall stellte ein Mitarbeiter von einer anderen Etage Rauchgeruch fest und fand bei der Nachschau den Ursprung in einer Teeküche. Die herbeigerufene Feuerwehr musste löschen und es entstand ein erheblicher Sachschaden. Nur durch glückliche Umstände kam es hier nicht zu Personenschäden, denn der kürzeste Flucht- und Rettungsweg für die zwei Mitarbeiter auf der Etage hätte an der Teeküche vorbeigeführt. Bei einer späteren Entdeckung des Schadens wären die Mitarbeiter möglicherweise in Gefahr geraten.
Auch in diesem Fall kann der Brandausbruchbereich vergleichsweise schnell identifiziert werden. Hier zeichnen sich ebenso hinter dem ehemaligen Aufstellbereich eines Einbaukühlschranks Brandschäden bereits ab Höhe des Bodenniveaus ab, wobei unmittelbar daneben eine unerwartete zweite Stelle zu finden ist. An dieser reicht eine Rußfreibrennung ebenfalls bis einige Zentimeter oberhalb des Bodenniveaus hinab (Bild 12). Wie sich bei der Rekonstruktion herausstellt, stand unmittelbar links neben dem Kühlschrank noch eine Geschirrspülmaschine. Deren Bodengruppe aus Kunststoff war im Zuge des Feuers ebenfalls in Brand geraten. Damit sind diese tieferen Brandspuren neben dem Kühlschrank zu erklären: Denn an den elektrischen Komponenten der Geschirrspülmaschine selbst werden keinerlei Hinweise auf eine Brandverursachung festgestellt. Von dem Kühlschrank sind in diesem Fall beinahe alle brennbaren Materialien, insbesondere aus den höher gelegenen Bereichen, verbrannt (Bild 13). Dennoch zeigt sich der Kompressor vergleichsweise gut erhalten. Die Anlaufvorrichtung und der Elektrolytkondensator sind in einem Kunststoffblock eingeschmolzen und waren dadurch vor der Brandhitze geschützt (vgl. Bild 13). Durch die nachfolgende Laboruntersuchung konnte dann auch ausgeschlossen werden, dass der Brand von einer der vorgenannten Komponenten ausgelöst wurde. Noch vor Ort wird jedoch festgestellt, dass sich Spuren eines Lichtbogenübergangs („Kurzschluss“) im freien Leitungsverlauf korrespondierend zwischen allen drei Leitern der Netzanschlussleitung des Kühlschranks ausgebildet hatten (Bild 14). Ein derartig eng begrenztes Spurenbild lässt sich durch eine äußere Beflammung kaum plausibel erklären. Stattdessen ist ein Versagen der Kabelisolierung durch eine äußere mechanische Krafteinwirkung in Betracht zu ziehen. Bei der Rekonstruktion der Überreste des Kühlschranks an der ehemaligen Aufstellposition (Bild 15) wird dann festgestellt, dass die drei Kurzschlussspuren genau mit einer waagerecht verlaufenden Leitung des Kühlkreislaufs und zusätzlich mit der Rußfreibrennung an der Wand, die einige Zentimeter oberhalb des Bodenniveaus beginnt, korrespondieren (vgl. Bild 15). Auch die Leitung des Kühlkreislaufs weist eine entsprechende Kerbe auf (Detailansicht in Bild 15), sodass der Kurzschluss auch darauf eingewirkt hatte. Die exakte Positionierung der Kühlschranküberreste kann im Übrigen durch Abdrücke der Füße des Kühlschranks auf dem Fußbodenbelag eindeutig nachvollzogen werden. Es zeigt sich, dass der Kühlschrank so tief in der Einbauposition eingeschoben war, dass die Netzanschlussleitung durch die waagerecht verlaufende Leitung des Kühlkreislaufs und die dahinter befindliche Wand eingequetscht wurde.
Fazit
Durch die im Betrieb von dem Kompressor ausgehende Vibration wurde die Isolation der Leitung durchgescheuert oder die kontinuierliche Wärmebeaufschlagung hat zu einem Versagen derselben geführt. Aufgrund dessen kam es zur Ausbildung des hier brandursächlichen Kurzschlusses.
Von dem Kühlschrank sind in diesem Fall beinahe alle brennbaren Materialien, insbesondere aus den höher gelegenen Bereichen, verbrannt (Bild 13). Dennoch zeigt sich der Kompressor vergleichsweise gut erhalten. Die Anlaufvorrichtung und der Elektrolytkondensator sind in einem Kunststoffblock eingeschmolzen und waren dadurch vor der Brandhitze geschützt (vgl. Bild 13). Durch die nachfolgende Laboruntersuchung konnte dann auch ausgeschlossen werden, dass der Brand von einer der vorgenannten Komponenten ausgelöst wurde.
Noch vor Ort wird jedoch festgestellt, dass sich Spuren eines Lichtbogenübergangs („Kurzschluss“) im freien Leitungsverlauf korrespondierend zwischen allen drei Leitern der Netzanschlussleitung des Kühlschranks ausgebildet hatten (Bild 14). Ein derartig eng begrenztes Spurenbild lässt sich durch eine äußere Beflammung kaum plausibel erklären. Stattdessen ist ein Versagen der Kabelisolierung durch eine äußere mechanische Krafteinwirkung in Betracht zu ziehen.
Bei der Rekonstruktion der Überreste des Kühlschranks an der ehemaligen Aufstellposition (Bild 15) wird dann festgestellt, dass die drei Kurzschlussspuren genau mit einer waagerecht verlaufenden Leitung des Kühlkreislaufs und zusätzlich mit der Rußfreibrennung an der Wand, die einige Zentimeter oberhalb des Bodenniveaus beginnt, korrespondieren (vgl. Bild 15). Auch die Leitung des Kühlkreislaufs weist eine entsprechende Kerbe auf (Detailansicht in Bild 15), sodass der Kurzschluss auch darauf eingewirkt hatte. Die exakte Positionierung der Kühlschranküberreste kann im Übrigen durch Abdrücke der Füße des Kühlschranks auf dem Fußbodenbelag eindeutig nachvollzogen werden. Es zeigt sich, dass der Kühlschrank so tief in der Einbauposition eingeschoben war, dass die Netzanschlussleitung durch die waagerecht verlaufende Leitung des Kühlkreislaufs und die dahinter befindliche Wand eingequetscht wurde.
Fazit
Durch die im Betrieb von dem Kompressor ausgehende Vibration wurde die Isolation der Leitung durchgescheuert oder die kontinuierliche Wärmebeaufschlagung hat zu einem Versagen derselben geführt. Aufgrund dessen kam es zur Ausbildung des hier brandursächlichen Kurzschlusses.
Fallbeispiel 5
Das folgende Schadenszenario wird bei Untersuchungen durch das IFS meist bei älteren Personenkreisen beobachtet, da Kühlgeräte früher kaum aus Kunststoffen bestanden, sondern zum Großteil aus (emailliertem) Metall: Bei diesem Schaden war es zu einem Brand in den Nachmittagsstunden in einer mittelgroßen Stadt in Sachsen gekommen. Auch hier wurden die Mieter wieder durch die Rauchwarnmelder auf den Brand aufmerksam. Erst im Nachgang des Ortstermins wird in Erfahrung gebracht, dass die älteren Mieter den Kühlschrank haben abtauen wollen. Hierzu sei das Stellrädchen im Inneren der Kühlgefrierkombination auf „Null“ gedreht und die Türen offen stehen gelassen worden. Auch bei diesem Schaden begrenzen sich die Brandzehrungen eng auf das Kühlgerät bzw. dessen unmittelbare Umgebung in der Küche der Wohnung. Und auch hier sind insbesondere die inneren Bereiche des Kühlteils brandgezehrt, während der Gefrierteil weitgehend unbeschädigt ist (Bild 16).
Die tiefsten und zugleich intensivsten Brandzehrungen innerhalb des Gerätes beginnen ab der Unterseite des Kühlteils, und zwar in der von vorn betrachtet rechten Hälfte (Bild 17). In diesem Bereich und auch an den restlichen Komponenten des Gerätes sind keinerlei Hinweise auf einen elektrischen Defekt vorhanden. Unter Berücksichtigung des „Methodischen Leitfadens zur Brandursachenermittlung“ (VdS 2847-16) verbleibt im vorliegenden Fall daher nur eine extern eingebrachte Zündquelle als Brandursache. Wie sich bei den anschließenden weiteren Recherchen herausstellt, wurde zur Unterstützung des Abtauvorgangs eine angezündete Teelichtkerze in den Kühlschrank gestellt, von der die Überreste bereits durch die Polizei sichergestellt wurden.
Fazit
Da das Innere von Kühlgeräten heutzutage zum Großteil aus Kunststoff und nicht mehr aus Metall besteht, muss die Hitze des Teelichts den Kunststoff in Brand gesetzt haben.
Fallbeispiel 6
Aber nicht nur Kühlgeräte (Kühlschränke, Gefriergeräte und -truhen bzw. Kombinationen) können Brände auslösen, sondern auch Abluftklimageräte, die nach demselben Prinzip funktionieren (Joule-Thomson-Effekt). Bei diesen Geräten stellt das Zimmer das Innere des Kühlschranks dar. Die Abwärme wird durch einen Abluftschlauch aus dem Gebäude geleitet. Im letzten hier vorgestellten Schaden waren die Bewohner einer Berliner Dachgeschosswohnung im Hochsommer 2022 von Besorgungen heimgekehrt. Als erster Handgriff wurde das mobile Abluftklimagerät in Betrieb genommen. Danach wurden die restlichen Einkäufe aus dem Auto geholt. Bei der Rückkehr der Bewohner brannte das Klimagerät bereits in voller Ausdehnung. Das Überwerfen eines nassen Handtuchs konnte den Brand zwar kurzzeitig ersticken, jedoch schlugen die Flammen sofort wieder daneben hervor. Es blieb nur noch die Selbstrettung und die Alarmierung der Feuerwehr als Ausweg. Diese löschte den Brand, konnte jedoch nicht verhindern, dass das Wohnzimmer, in dem das Klimagerät aufgestellt war, beinahe vollständig ausbrannte. Obwohl die Brandzehrungen intensiv ausgeprägt sind, kann der Brandausbruchbereich vor Ort noch vor einer Balkontür identifiziert werden (Bild 18). Genau in der Mitte des Brandausbruchbereiches soll sich — laut Auskunft der Bewohner — das Klimagerät befunden haben. Dessen Überreste werden dann auch mit dem Boden verschmolzen dort aufgefunden (Bild 19). Auch wenn das Klimagerät für eine eindeutige Aussage im Hinblick auf die Brandursache zu stark brandzerstört ist, kann anhand von Überresten eines angekohlten und mit dem Klimagerät verschmolzenen Handtuchs die Schilderung des Schadenhergangs plausibel nachvollzogen werden (Bild 20).
Fazit
Da das Gerät beim Brandausbruch erst wenige Minuten in Betrieb war, ist nur ein technischer Defekt als Brandursache plausibel.
Fazit
Wie jedes elektrische Gerät können auch Kühlgeräte Brände verursachen. Und da laut Statistik in jedem Haushalt in Deutschland mindestens ein derartiges Gerät steht, erklärt deren schiere Anzahl, dass es „gefühlt“ häufig zu Bränden in diesem Zusammenhang kommt. Auch die statistischen Erhebungen des IFS zeigen, dass, im Gegensatz zu anderen Elektrogeräten, die Anzahl der durch Kühlgeräte ausgelösten Brände seit Jahren auf einem unverändert hohen Niveau stagnieren. Eine absolute Sicherheit durch die Trennung vom Stromnetz kann bei Kühlgeräten — im Gegensatz zu vielen anderen elektrischen Geräten — nicht erreicht werden, da die einfachste und sicherste Brandschutzmaßnahme, nämlich das Ziehen des Netzsteckers,7 hier nicht in Betracht kommt. Wie lässt sich dann aber das Risiko eines Brandes durch ein Kühlgerät reduzieren bzw. zumindest dessen Auswirkungen abmildern?
1 | Als erster und wichtigster Ratschlag: Installieren Sie Rauchwarnmelder!
Dies ist mittlerweile in den meisten Bundesländern ohnehin Pflicht. Beachten Sie dabei die Herstellervorgaben in Bezug auf den Montageort. Wenn Sie bereits Rauchwarnmelder installiert haben, überprüfen Sie regelmäßig deren Funktion mit der Prüftaste. Vor allem in dem dritten hier geschilderten Fallbeispiel hätten fehlende Rauchwarnmelder leicht zu einer lebensgefährlichen Situation für die Bewohner führen können.
Installieren Sie Rauchwarnmelder! Diese retten Leben und sind zudem mittlerweile meist Pflicht!
2 | Stellen Sie sicher, dass das Kühlgerät stets geschlossen ist.
Eine in Eile bzw. mit viel Schwung oder unachtsam geschlossene Kühlschranktür neigt dazu, wieder aufzuspringen bzw. einen Spalt offen stehen zu bleiben: Durch die schnelle Bewegung der Tür kann der im Inneren des Kühlschranks entstehende Überdruck nicht entweichen bzw. es bildet sich ein Luftpolster aus. Dies kann dazu führen, dass der Kühlschrank wieder aufspringt bzw. offen stehen bleibt. Glauben Sie nicht? Probieren Sie es doch einmal aus! Je voller der Kühlschrank ist, desto eher werden Sie dieses Phänomen beobachten. Aber auch zu sperriger Inhalt kann dazu führen, dass der Kühlschrank (einen kleinen) Spalt offen stehen bleibt.
Eine dauerhaft oder länger geöffnete Kühlschranktür führt zu einer stärkeren Belastung der elektrischen Komponenten. Damit steigt neben dem Energieverbrauch auch die Wahrscheinlichkeit eines Defekts oder einer Überhitzung von einzelnen Komponenten wie in dem zweiten vorgestellten Fallbeispiel. Achten Sie darauf, dass die Kühlschranktür ordentlich geschlossen ist.
3 | Stellen Sie sicher, dass sich im Inneren des Kühlgeräts keine Eispanzer bilden.
Diese führen zu einer geringeren Effizienz, wodurch der Kompressor mehr arbeiten muss, um dieselbe Temperatur im Innenraum zu halten. Auch dies begünstigt durch eine Überlastung einen möglichen Defekt des Systems, mit der Folge einer möglichen Brandentstehung. Die Ausbildung eines Eispanzers bzw. viel eindringende Feuchtigkeit führt auch zu einem häufigeren Anspringen der Zusatzheizung (wenn vorhanden). Dadurch steigt auch an dieser die Wahrscheinlichkeit eines Brandes, wie ebenfalls im dritten Fallbeispiel gezeigt. Eispanzer bilden sich unter anderem, wenn die Kühlschranktür offensteht. Aber auch Lebensmittel, die viel Feuchtigkeit abgeben, können die Bildung eines Eispanzers begünstigen. Und nicht zuletzt lässt eine defekte bzw. gealterte Türdichtung einen ständigen Luftaustausch zwischen kühler, trockener Innenluft und warmer, feuchter Außenluft zu. Tauen Sie den Kühlschrank regelmäßig ab bzw. tragen Sie Vorsorge gegen die Ausbildung eines Eispanzers. Überprüfen Sie regelmäßig die Türdichtungen.
4 | Es klingt trivial, aber auch eine gequetschte Elektroleitung kann zu einem Brand führen, wie im vierten Fallbeispiel gezeigt.
Achten Sie darauf, die Netzanschlussleitung nicht zu knicken oder zu quetschen.
5 | Für Kühlgeräte sind auch Mindestabstände zu Wänden bzw. in der Einbausituation einzuhalten.
Abluftöffnungen müssen frei bleiben, damit es nicht zu einer Überhitzung kommt. Die über den externen Wärmetauscher abgegebene Wärme muss abgeführt werden können.
Achten Sie beim Aufstellen der Geräte auf die Herstellervorgaben im Hinblick auf Abstände bzw. entsprechend dimensionierte Lüftungsöffnungen.
6 | Je älter ein Kühlgerät ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass es aufgrund von Verschleiß zu einem technischen Defekt kommt. Häufig kommt es vor, dass der Kühlschrank in der Küche ersetzt wird und dann ein tristes Dasein in einem Schuppen, einem Keller oder anderenorts fortführt. Überlegen Sie, ob Sie das alte Gerät wirklich noch benötigen. Außerdem erhöhen feuchte bzw. staubige Umgebungen das Risiko eines technischen Defekts zusätzlich. Kühlgeräte sollten nicht zu lange genutzt werden. Feuchte und staubige Aufstellorte verkürzen die Lebenszeit. „Alte“ Kühlschränke sollten keinem „zweiten Leben“ zugeführt werden.
7 | Kühlschränke bestehen heutzutage zu einem Großteil aus brennbaren Materialien. Unterstützen Sie daher niemals den Abtauvorgang mit brennenden Kerzen oder Ähnlichem und halten Sie insgesamt Hitzequellen von Kühlgeräten fern. Halten Sie brennende Kerzen und andere Hitzequellen von Kühlgeräten fern. Auch wenn die vorgestellten Fallbeispiele den Eindruck erwecken, Kühlschränke seien per se unsicher, so muss man dies vor dem Hintergrund der Häufigkeit derartiger in unseren Haushalten im Dauereinsatz befindlicher Geräte in Relation setzen. Auch wenn kontinuierlich etwa 10 % der Brände durch Elektrogeräte auf Kühlgeräte zurückzuführen sind, sind diese in der Gesamtschau dennoch als vergleichsweise sicher zu bewerten. Durch einen sorgfältigen Umgang mit den Geräten und durch die Installation von Rauchwarnmeldern in den Wohnräumen können Sie selbst dazu beitragen, das Risiko eines durch ein Kühlgerät ausgelösten Brandes nochmals deutlich zu reduzieren bzw. dessen Auswirkungen abzumildern.
Dr. Matthias Klaper,
Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V., Berlin
LITERATUR
[ 1 ] https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Einkommen-Konsum-Lebensbedingungen/_ Grafik/_Interaktiv/hh-haushaltsgeraete.html
[ 2 ] IFS-Brandursachenstatistik: https://www.ifs-ev. org/schadenverhuetung/ursachenstatistiken/ ursachenstatistik-brandschaeden-2021/
[ 3 ] „Ein sicheres Zuhause“, schadenprisma 4/2012
[ 4 ] a) „Brandgefahren durch elektrische Haushaltsgeräte“, schadenprisma 03/2009
b) „Wie unsichere Produkte vom Markt verschwinden – und wie man davon erfährt“,
schadenprisma 03/2011
c) „Ein sicheres Zuhause“, schadenprisma 04/2012
d) „Brandgefahr durch Siemens Wäschetrockner“, schadenprisma 04/2014
[ 5 ] „Rückrufaktion für Loewe-Fernsehgeräte“, schadenprisma 04/2007
[ 6 ] a) „Alternative Fahrzeugantriebe aus Sicht der Gefahrenabwehr im Feuerwehreinsatz“, schadenprisma 04/2021
b) „E-Bike, Rund ums sichere Laden“, schadenprisma 02/2021
c) „Risikobewertung von stationären Energiespeichersystemen in Privathaushalten“,
schadenprisma 03/2020
d) „Von Funken aus der Handtasche und explodierender IT“, schadenprisma 02/2020
[ 7 ] Initiative: „Stecker raus!“, schadenprisma 03/2020.
[ 8 ] https://www.ifs-ev.org/funkenschlag-im-gefrierschrank/