Österreichische Gemeinden setzen auf den Vorsorgecheck >Naturgefahren im Klimawandel<
Aufgrund des Klimawandels nehmen Naturgefahren immer mehr zu und stellen bedeutende Risiken für Mensch, Umwelt und Sachwerte dar. Eine gezielte Risikovorsorge mit geeigneten präventiven Maßnahmen ist notwendig, um die Gefährdung zu reduzieren. Der Vorsorgecheck „Naturgefahren im Klimawandel“ ist ein Instrument, das Gemeinden dabei unterstützt.
Aufgrund des Klimawandels nehmen Naturgefahren immer mehr zu und stellen bedeutende Risiken für Mensch, Umwelt und Sachwerte dar. Eine gezielte Risikovorsorge mit geeigneten präventiven Maßnahmen ist notwendig, um die Gefährdung zu reduzieren. Der Vorsorgecheck „Naturgefahren im Klimawandel“ ist ein Instrument, das Gemeinden dabei unterstützt.
Wie gut die Gemeinde auf Naturgefahren vorbereitet ist, wird im Rahmen des gemeinsam mit dem EPZ – Elementarschaden Präventionszentrum durchgeführten Check beantwortet. Das Ziel des Vorsorgechecks ist es, Gemeindeakteure beim Thema Naturgefahren zu sensibilisieren sowie die Eigenvorsorge zu forcieren.
Der Vorsorgecheck basiert auf dem Konzept einer moderierten Selbstanalyse: Es werden gemeindeeigene Risikovorsorgekapazitäten und -leistungen bewertet sowie notwendige Anpassungsmaßnahmen und andere Handlungsbedarfe abgeleitet. Die Basis bildet ein standardisierter Fragenkatalog inklusive Bewertungskriterien. Diese werden durch zwei sachverständige Personen („Checker“ bzw. Auditor) für die Bewertung herangezogen. Die Gemeinde erhält eine Auswertung sowie eine strukturierte Dokumentation in Berichtsform, die neben dem aktuellen Gefährdungsprofil auch Strategien zur Risikovorsorge und Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels enthält. Es erfolgt dabei eine Fokussierung auf jene Naturgefahren, die eine besonders hohe Relevanz für die Gemeinde haben beziehungsweise für die eine massive Verschärfung oder Veränderung durch den Klimawandel befürchtet wird. So werden nicht nur alle Akteure der Gemeinde auf den gleichen Wissensstand gebracht, sondern sie erhalten auch einen Aktionsplan mit einfachen und kostengünstig umsetzbaren Maßnahmen auf Gemeindeebene. Die Durchführung des Vorsorgechecks ist freiwillig und unverbindlich. Die Entscheidung über die weitere Verwertung der Ergebnisse obliegt ausschließlich den kommunalen Entscheidungsträgern.
Im Rahmen des Checks werden alle für die Gemeinde relevanten Naturgefahren gemeinsam betrachtet:
• Hydrologische Naturgefahren: Hochwasser, Mure, Starkregen
• Gravitative Naturgefahren: Rutschungen, Steinschlag und Felssturz, Lawine
• Wetter-/Klimabezogene Naturgefahren: Hitze, Trockenheit, Waldbrand, Sturm, Hagel, Blitz, Schnee- und Eislast, Spätfrost, Schädlingskalamitäten und invasive Arten sowie Erosion
„Gecheckt“ werden beim Vorsorgecheck alle vier Säulen der Vorsorge: Flächenvorsorge, Bauvorsorge, Verhaltensvorsorge und Risikovorsorge. Die Prävention durch strukturelle Schutzmaßnahmen (wie zum Beispiel technischer Hochwasserschutz, Lawinenverbauung oder bauliche Hangsicherungen) sind nicht Teil des diskutierten Inhalts im Vorsorgecheck (Grafik 1).
Interessierte Gemeinden können auf der vom Umweltbundesamt eingerichteten Plattform www.naturgefahrenimklimawandel.at die zur Durchführung des Vorsorgechecks befähigten und registrierten Auditoren einsehen und kontaktieren.
Diese informieren über gegebenenfalls vorhandene Landesförderungen, organisieren mit Unterstützung der Gemeinde den Checktermin und nehmen sich der Vorbereitung an. Die Dauer des Vorsorgechecks ist von der Anzahl der zu bearbeitenden Naturgefahrenarten abhängig, beträgt aber in der Regel etwa drei Stunden.
Österreich startet Offensive mit Vorsorgechecks
Österreichweit wurde bereits eine Vielzahl an Vorsorgechecks in unterschiedlichen Gemeinden durchgeführt. Schlüssel für den durchschlagenden Erfolg des Vorsorgechecks „Naturgefahren im Klimawandel“ sind die Vernetzung relevanter Akteure auf Gemeindeebene sowie die konkreten Handlungsempfehlungen und Hilfestellungen bei der Sensibilisierung in der Gemeinde.
Wie gut der Check die spezifische Situation in den einzelnen Gemeinden abbilden kann, veranschaulicht ein Vergleich. So ergab die Verortung der Naturgefahren in der Naturgefahrenmatrix für die Gemeinde A eine Clusterung der Gefahren Hitze, Trockenheit und Waldbrand im hohen sowie Starkregen und Hagel im mittleren Risikobereich (Grafik 2). Der für die Gemeinde B durchgeführte Vorsorgecheck hingegen zeigte eine hohe Verletzlichkeit sowie einen mittleren Grad an zu erwartenden Änderungen durch den Klimawandel in puncto der Naturgefahren Rutschungen / Erosion, Hochwasser und Starkregen. Ein mittleres Risiko wurde für Trockenheit, Waldbrand, Schädlingskalamitäten und Sturm ausgewiesen (Grafik 3).
Vorsorge statt Nachsorge in der Gemeinde Kainbach bei Graz
Die Gemeinde Kainbach bei Graz in der Steiermark hat den Vorsorgecheck für Naturgefahren absolviert. Bürgermeister Ing. Matthias Hitl berichtet über seine Erfahrungen und welchen Nutzen seine Gemeinde daraus zog.
Die Ergebnisse in den vier Säulen der Vorsorge werden für die einzelnen Naturgefahren in Ringdiagrammen dargestellt, hier beispielhaft für die Gemeinde Kainbach bei Graz (Grafiken 4 und 5).
Kainbach bei Graz wird in den Sommermonaten immer wieder von Starkregenereignissen heimgesucht. Übertretende Gerinne, Hangrutschungen und Hangwasserproblematiken standen in der Gemeinde daher bereits grundsätzlich im politischen Fokus. Als sich die Chance zur Bewerbung für den Vorsorgecheck ergab, zögerte die Gemeinde nicht lange und nahm die Gelegenheit wahr. „Im Normalfall widmet man sich diesen Themen als Gemeinde ja nur, wenn bereits ein Naturereignis mit entsprechendem Schaden eingetreten ist. Dementsprechend hat es uns sehr gefallen, die Dinge proaktiv anzugehen und alle zusammen – der gesamte Gemeindevorstand bis hin zu unserer Raumplanerin – über Vorsorgemaßnahmen nachzudenken. Der gesamte Vorsorgecheck war ein sehr offener Prozess, in den jeder seinen Input und seine Expertise eingebracht hat“, erzählt Hitl begeistert.
Kainbach hat vielfältigen Nutzen aus den Ergebnissen des Vorsorgechecks gezogen: So können zukünftig beispielsweise Bauwerber bereits im Rahmen der Bauberatung für die Problematik Hangwasser und Co. auf ihren Grundstücken sensibilisiert werden. Dadurch kann frühzeitig eine Ausrichtung der Bebauung hinsichtlich der Problematik bzw. eine bauliche Berücksichtigung von Schutzmaßnahmen stattfinden. Generell stellt sich an dieser Stelle die Frage, wie die Gemeinde zukünftig mit diversen gefährdeten Grundstücken als Bauland umgeht.
Außerdem werden von den Einsatzorganisationen Alarmorganisationspläne in Bezug auf Überschwemmungen aus Starkregenereignissen für betroffene Gebiete erarbeitet. Das bietet den Einsatzorganisationen einen großen Benefit und erleichtert im Ernstfall ihre Arbeit enorm. Zur Sensibilisierung und Stärkung der notwendigen Eigenvorsorge in der Gemeindebevölkerung wird eine Überflutungsmarke an der Bushaltestelle angebracht.
Doch nicht nur Wasser stellt eine Gefahr für die Gemeinde dar. Auch die zunehmende Zahl an Hitzetagen belastet die Gemeinde sowie deren Gemeindebevölkerung. Als Anpassungsmaßnahme wird Kainbach zukünftig vermehrt darauf achten, seinen Gemeindemitgliedern ausreichend schattige Plätze im Ortsgebiet zur Verfügung zu stellen.
Es wurde als wichtig erachtet, den Bürgern zu erklären, dass es trotz aller Schutzvorkehrungen seitens der Gemeinde ein Restrisiko gibt und sie eigenverantwortlich sind. Entsprechend wurden Handlungsempfehlungen erarbeitet, die Bürger über alle zur Verfügung stehenden Gemeindemedien explizit auf die Möglichkeiten zur Eigenvorsorge und mögliche Gefahren hinzuweisen. Aus der Vielzahl an Handlungsempfehlungen (Best-Practice- Beispiele) aus anderen Gemeinden) resultierte schließlich ein konkretes Maßnahmenkonzept in Form eines Aktionsplans.
Bürgermeister Hitl ist überzeugt, dass sich die Vorsorge lohnt: „Durch meine berufliche Tätigkeit als Sachverständiger in der Landesstelle für Brandverhütung in Steiermark weiß ich aus dem Fachgebiet Brandschutz, dass man Schäden auf ein Minimum reduzieren kann, wenn man vorbeugend etwas tut. Ich bin sicher, dieses Prinzip lässt sich auch auf den Bereich Naturgefahren übertragen. Mit unseren gesetzten Maßnahmen und dem zukünftig verstärkten Fokus auf Vorsorge statt Nachsorge sind wir – vor allem im Sinne des Klimawandels – für die Zukunft gut gerüstet.“
Kein Check ist gleich – das betont Checker Mathias Laudacher vom EPZ: „Jede Gemeinde ist von verschiedenen Naturgefahren in unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Das macht es für mich als Checker / Auditor immer von Neuem interessant, mit den Gemeinden in einen offenen Diskurs zu treten, um zu erfahren, wo der Schuh drückt und mit welchen Herausforderungen die Gemeinden jetzt und in der Zukunft zu rechnen haben. Das Zusammenkommen unterschiedlicher Akteure aus der Gemeinde, die sich in dieser Konstellation möglicherweise nicht alltäglich zusammenfinden, um über Naturgefahren zu sprechen, sehe ich als größten Mehrwert des Vorsorgechecks.“