Mini-Kraftwerke zur Energiegewinnung
Strom selbst und nachhaltig zu erzeugen, klingt nach einer cleveren Lösung für die
derzeitige Sorge um Energieengpässe und damit verbundene steigende Energiekosten.
Steckerfertige PV-Anlagen (auch: Mini-PV-Anlagen oder „Balkonkraftwerke“) ermöglichen, Sonnenenergie für den eigenen Stromverbrauch zu nutzen. Technisch ähneln sie den herkömmlichen Photovoltaikanlagen, die in der Regel auf dem Dach installiert werden. Auch bei den steckerfertigen Varianten für Balkon, Terrasse oder Garten wird durch Solarzellen ein Teil der Sonnenenergie eingefangen und in elektrische Energie umgewandelt. Die Mini-PV-Anlagen sind jedoch weniger komplex und verfügen über eine deutlich geringere Leistung. Ein weiterer wesentlicher Unterschied liegt beim elektrischen Anschluss der steckerfertigen Anlagen. Wie der Name suggeriert, soll es sich um ein Produkt handeln, das ohne Unterstützung von Fachkräften aufgebaut und in Betrieb genommen werden kann. Ist es also tatsächlich so, wie die TV-Werbung eines Versandhändlers es zeigt: Einfach einstecken und los geht’s?
Auf die Verbindung kommt es an
Die Frage nach der richtigen Steckverbindung ist dabei die wohl am intensivsten diskutierte. Ganz allgemein ist es normativ (DIN VDE 0100-551 1) erst einmal nicht vorgesehen, dass eine Stromerzeugungseinrichtung in einen Endstromkreis einspeist. Nach kontroversen Debatten 2 um einen tragfähigen Kompromiss zwischen Sicherheit und Einfachheit zu finden, erschien Mitte 2018 die Vornorm DIN VDE V 0100- 551-1 3. Dort werden die besonderen Anforderungen beschrieben, unter deren Berücksichtigung auch in einen Endstromkreis eingespeist werden kann. Ein zentraler Punkt ist die spezielle Energiesteckvorrichtung. Beispielhaft genannt ist der in DIN VDE V 0628-1 4 beschriebene Steckverbinder, häufig mit Bezug zum Hersteller auch als „Wielandstecker“ bezeichnet (Bild 1).
Im direkten Vergleich sind die Unterschiede zum haushaltsüblichen Schutzkontaktstecker offensichtlich. Während die Kontakte der Energiesteckvorrichtung vor Berührung geschützt sind, kontaktiert der klassische Schutzkontaktstecker mittels zwei offen liegender Metallstifte. Bei reinen „Stromverbrauchern“ ist dies unproblematisch, da die Geräte selbst keine Energie erzeugen. Aufgabe der Mini-PV-Anlage ist jedoch die Energieerzeugung und entsprechend auch die Stromabgabe über den Steckverbinder.
Der Micro-Wechselrichter wandelt die von den Photovoltaikmodulen erzeugte Gleichspannung (DC) in eine Wechselspannung (AC) um und wird bei Mini-PV-Anlagen meist unterhalb der Module montiert. Das Gerät verfügt über einen sogenannten Netz- und Anlagenschutz (NA-Schutz). Dieser verhindert bei einer Unterbrechung der Stromversorgung – also auch bei Ziehen des Steckers – die Stromeinspeisung. Der NA-Schutz ist jedoch nicht als Schutzeinrichtung gegen den elektrischen Schlag konzipiert. Im Fehlerfall kann an den Kontakten der Steckverbindung eine gefährliche Spannung anliegen. Daher ist eine weitere Schutzstufe, der Berührungsschutz, erforderlich. Die Micro-Wechselrichter verfügen zum Anschluss an das Stromnetz in den meisten Fällen ab Werk über einen Steckverbinder (Bild 2) mit entsprechendem Berührungsschutz (z. B. BC01 des chinesischen Herstellers Betteri). Die Auswahl des Adapters zum Anschluss an die elektrische Anlage wird jedoch nicht selten in die Verantwortung des Endkunden gelegt.
Anschluss einer Mini-PV-Anlage
Der Anschluss der Anlage in Eigenleistung darf nach geltender Norm und gemäß der Vorgabe vieler Netzbetreiber nur über eine spezielle Energiesteckvorrichtung erfolgen (Grafik 2). In der Regel sind diese Energiesteckvorrichtungen in den Gebäuden noch nicht vorhanden, sodass eine bestehende Steckdose von einer Elektrofachkraft ausgetauscht oder neu installiert werden muss. Im Vorfeld muss die Elektrofachkraft den Stromkreis überprüfen und bewerten, ob dieser für die Einspeisung geeignet ist. Die Elektrofachkraft darf die Mini- PV-Anlage alternativ auch direkt in der Elektroverteilung an einen eigenen Einspeisestromkreis anschließen.
Der Überprüfung der elektrischen Anlage durch eine Elektrofachkraft kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Schaut man sich den Gebäudebestand in Deutschland an, dürfte ein großer Teil der elektrischen Anlagen bereits seit weit über 40 Jahren in Betrieb sein.5 Diese Anlagen wurden für eine Nutzung installiert, wie sie in den Errichtungsjahren üblich war. Hinzu kommen die Alterung und Abnutzung der Komponenten, die ihrerseits einen Einfluss auf die Anlagensicherheit haben. Ohne eine Prüfung der elektrischen Anlage dürfte es schwerfallen, an jeder haushaltsüblichen Steckdose einen sicheren Betrieb zu gewährleisten.
Auswahl und Aufbau der Anlage
Aktuell gibt es noch keine gültige Produktnorm für das Komplettsystem, bestehend aus Photovoltaikmodul(en), Micro-Wechselrichter, Verkabelung und Montagematerial. Entsprechend werden zum Teil Einzelkomponenten verkauft oder Installationspakete von den Händlern zusammengestellt und angeboten. Insbesondere beim Kauf von Einzelteilen besteht die Möglichkeit, dass diese nicht miteinander kompatibel sind. Wer Anlagen aus Einzelkomponenten selbst zusammenstellt, wird zum Hersteller der Anlage und ist selbst für die Produktsicherheit verantwortlich sowie haftbar bei Folgeschäden.
Problematisch können beispielsweise die Steckverbinder für die Gleichspannung (DC) sein, die den Wechselrichter mit den Photovoltaikmodulen verbinden (Bild 3). Es dürfen gemäß DIN VDE 0100-712 6 nur zugehörige Steckverbinder desselben Herstellers miteinander verbunden werden. Als kompatibel bezeichnete Steckverbinder passen zwar mechanisch zusammen, bieten jedoch nicht in jedem Fall eine sichere elektrische Verbindung. Dies kann zur Folge haben, dass sich die Steckverbindung übermäßig erwärmt und ein Schwelbrand entsteht.
Sichere Installation
Neben den Gefahren, die vom elektrischen Strom ausgehen, bestehen auch weitere Risiken wie die unzureichende Befestigung oder ungeprüfte Standsicherheit zum Beispiel von Balkongeländern. Ebenso könnten die Module in Bereichen angebracht werden, die bauordnungsrechtlich frei von brennbarem Material gehalten werden müssen, was im Brandfall eine leichtere Ausbreitung des Feuers zur Folge haben kann. Insbesondere Mietern wird empfohlen vor der Montage mit ihrer Vermieterin oder ihrem Vermieter zu klären, an welcher Stelle die Mini-PV-Anlage sicher angebracht werden kann (Bild 4 und 5). Zur Montage ist ausschließlich als Zubehör angebotenes und für den jeweiligen Anwendungsfall geeignetes Befestigungsmaterial zu verwenden.
Hinweise zur Anmeldung vor Inbetriebnahme
Für Mini-PV-Anlagen mit einer Leistung von bis zu 600 W ist ein vereinfachtes Anmeldeverfahren beim Netzbetreiber vorgesehen. Zur Anmeldung ist, abweichend zu Anlagen oberhalb dieser Leistungsgrenze, kein zertifizierter Elektrofachbetrieb erforderlich. Vielfach bieten die Netzbetreiber eine Anmeldung auf ihrer Internetpräsenz an. Darüber hinaus ist die Registrierung der Mini-PV-Anlagen im Marktstammdatenregister erforderlich.
Hinweise für Vermieterinnen und Vermieter
Sie möchten Ihren Mieterinnen und Mietern die Installation einer Mini-PV-Anlage ermöglichen: Klären Sie die Rahmenbedingungen und machen Sie Vorgaben, da die Installation auch Ihren Versicherungsschutz betreffen kann.
Die Prüfung der Stromkreise und die Installation der Einspeisesteckdose erfolgt idealerweise durch ein Ihnen bekanntes Elektroinstallationsunternehmen, das auch mit den örtlichen Gegebenheiten der Wohnanlage vertraut ist.
Lassen Sie sich das Prüfprotokoll des Elektrofachbetriebs, der die Überprüfung des Stromkreises und die Installation der Energiesteckdose vorgenommen hat, aushändigen. Bewerten Sie mögliche Montageorte und geben Sie geeignete Positionen vor. Sinnvoll ist auch eine Vereinbarung mit der Mietpartei, die die regelmäßige Prüfung und Instandhaltung der Anlage vorsieht und auch Maßnahmen (zum Beispiel Rückbau) bei Unterlassen oder offensichtlichen Mängeln ermöglicht.
Fazit
Ganz so einfach wie im Anfang erwähnten TV-Werbespot dargestellt, ist es in den meisten Fällen nicht. Handelt es sich um ein geprüftes Komplettsystem und erfolgt der Anschluss der Mini-PV-Anlage über eine Energiesteckvorrichtung nach DIN VDE V 0628-1 an einen geeigneten Stromkreis (Installation der Energiesteckvorrichtung und Überprüfung des Stromkreises durch eine Elektrofachkraft), besteht eine gute Basis für einen sicheren Betrieb. Im Zusammenspiel mit einer regelmäßigen Instandhaltung ergeben sich gute Chancen für eine langfristige Stromernte.
Auch wenn die Preise für „Balkonkraftwerke“ in den letzten Monaten zurückgegangen sind, ist die Erzeugung von Photovoltaikstrom mit kleineren Anlagen teurer als mit größeren. Eine gute Alternative für Mieterinnen und Mieter können daher auch Mieterstrommodelle sein. Die Mietparteien können dabei den Strom direkt von einer großen Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes beziehen. Gegenüber dem „Balkonkraftwerk“ kann ein größerer Anteil des eigenen Strombedarfs kostengünstig, lokal und nachhaltig gedeckt werden. Für den Vermieter ergibt sich die Möglichkeit einer ergänzenden Einnahmequelle und der Vorteil, auf seinem Gebäude statt vieler Mini-PV-Anlagen eine fachgerecht geplante und installierte Anlage zu betreiben. Nach Ansicht des Autors ein Modell, bei dem die Zuschüsse, die einige Kommunen und einzelne Bundesländer derzeit für Mini-PV-Anlagen anbieten, noch nachhaltiger wirken könnten.