Die Versorgungssicherheit der deutschen Stromnetze ist relativ hoch. Dennoch sind sich zahlreiche Experten darüber einig, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis es zum ersten überregionalen und lang anhaltenden Stromausfall, dem Blackout, kommen wird. Hiervon wären sämtliche Lebensbereiche betroffen. Ein besonderes Augenmerk liegt hierbei auf den Feuerwehren als Einrichtungen der kritischen Infrastruktur, die flächenmäßig in nahezu jeder Gemeinde vorhanden sind. Um den Gemeinden eine Hilfestellung zur Ersatzstromversorgung ihrer Feuerwehrhäuser zu geben, hat ein interdisziplinärer Arbeitskreis unter Federführung des Regierungspräsidiums Karlsruhe ein entsprechendes Empfehlungsdokument erarbeitet.
Die vier Regierungspräsidien in Baden-Württemberg sind staatliche Mittelbehörden, die unter anderem als Schnittstelle zwischen der Landesregierung und den Landratsämtern, Städten und Gemeinden dienen. Neben der Wahrnehmung der im Feuerwehrgesetz verankerten Funktion als Aufsichtsbehörde fungieren die Regierungspräsidien zudem im Bereich der Feuerwehrförderung als Bewilligungsstellen und unterstützen das Feuerwehrwesen auf allen Ebenen. Darüber hinaus kommt den Regierungspräsidien nach dem baden-württembergischen Landeskatastrophenschutzgesetz die Funktion der Höheren Katastrophenschutzbehörde zu.
Da mit einem Blackout ein hohes Risikopotenzial verbunden ist, steht dieses Schadenszenario im besonderen Fokus des Regierungspräsidiums Karlsruhe. So konnte bereits im Jahr 2014 der durch einen landesweiten Arbeitskreis entwickelte „Musternotfallplan Stromausfall“ herausgegeben werden. Mit diesem Dokument werden insbesondere den Behörden konkrete Handlungsempfehlungen zur Vorbereitung auf einen flächendeckenden und lang anhaltenden Stromausfall an die Hand gegeben. Nicht nur Maßnahmen zur Sicherstellung der eigenen Handlungsfähigkeit nach dem Leitsatz „Jede Behörde ist für ihre eigene Handlungsfähigkeit selbst verantwortlich!“, sondern auch die Wahrnehmung zusätzlicher Aufgaben im Ereignisfall werden hierin aufgegriffen.
Mit den kürzlich publizierten „Empfehlungen für die Ersatzstromversorgung von Feuerwehrhäusern“ konnte nun ein weiterer Schritt zum Ausbau und zur Erhaltung resilienter Strukturen im Bereich der nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr erfolgen. Insbesondere der Gewährleistung der Einsatzbereitschaft der Feuerwehren, die flächendeckend in nahezu jeder Gemeinde des Landes Baden-Württemberg vorhanden sind, kommt eine zentrale Bedeutung zu. Um auch im Falle eines Blackouts durchhaltefähig agieren zu können, stellt die Notstromversorgung von Feuerwehrhäusern eine unabdingbare Voraussetzung dar. Konzipiert als Arbeitshilfe für Städte und Gemeinden, geht das Empfehlungsdokument auf die Grundlagen der Ersatzstromversorgung von Feuerwehrhäusern ein, zeigt verschiedene Varianten und Ausführungsbeispiele auf und stellt diese gegenüber. Erarbeitet wurde das Dokument von dem interdisziplinären Arbeitskreis „Netzersatzanlagen für Feuerwehrhäuser“, der sich aus Vertretern der Feuerwehren, des Technischen Hilfswerks, des Regierungspräsidiums sowie eines Energieversorgers und der Landesfeuerwehrschule zusammensetzt.
Wie bereits im Musternotfallplan Stromausfall liegt den Empfehlungen für die Ersatzstromversorgung von Feuerwehrhäusern das Szenario eines flächendeckenden und lang andauernden Stromausfalls zugrunde, der sich auf nahezu alle Bereiche des öffentlichen Lebens auswirkt. Es wird von einer Dauer von bis zu vierzehn Tagen ausgegangen. Aufgrund der weitreichenden Betroffenheit ist keine Hilfe von Dritten verfügbar. Im zunehmenden Zeitverlauf wächst die Not der Betroffenen – insbesondere all derer, die keine Vorsorgemaßnahmen ergriffen haben.
Berücksichtigt wird unter anderem die Situation, dass Feuerwehrhäuser während eines Blackouts durch die Bevölkerung zwangsläufig als „Leuchtturm“ wahrgenommen werden und damit zugleich als Anlaufstelle dienen – auch wenn dies nicht vorgeplant ist. Da sich diese Personen teilweise zusätzlich zu den Feuerwehrangehörigen im Feuerwehrhaus aufhalten werden, müssen mindestens die wesentlichen Komponenten der Gebäudetechnik voll funktionsfähig sein. Für die weitere Definition der funktionsrelevanten Bereiche ist insbesondere die taktische und logistische Bedeutung der Feuerwehrhäuser im Regeleinsatz- und Katastrophenfall maßgeblich. Neben den Einrichtungen der Gebäude-, Informations- und Kommunikationstechnik zählt hierzu auch die Wahrnehmung überörtlicher Zusatzfunktionen und -aufgaben wie beispielsweise der Betrieb einer Atemschutzwerkstatt.
Analog zu dem Leitfaden für die Planung, die Einrichtung und den Betrieb einer Notstromversorgung in Unternehmen und Behörden (BBK, 2019) wird eine autarke Betriebszeit (Zeit, während der eine Ersatzstromversorgung ohne Versorgung von außen betrieben werden kann) von 72 Stunden angenommen – und dies bei voller Auslastung der Netzersatzanlage. Das bedeutet, dass mindestens für diese Zeitdauer auch entsprechende Kraftstoffreserven vorzuhalten sind. Hierfür sind nicht nur ausreichende Lagerkapazitäten zu schaffen, sondern es ist auch die Haltbarkeit des Kraftstoffs durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen. Für Kraftstoffbedarfe, die über die autarke Betriebszeit hinausgehen, empfiehlt es sich, vorab entsprechende Lieferverträge mit Kraftstofflieferanten zu schließen.
Die Empfehlungen verfolgen das Ziel, die Ersatzstromversorgung in ihrem Gesamtkonzept so auszuführen, dass diese möglichst einfach zu bedienen ist. Demzufolge sollten sowohl die Inbetriebnahme als auch der Betrieb der Ersatzstromversorgung durch eine elektrotechnisch unterwiesene Person oder bestmöglich durch einen elektrotechnischen Laien gefahrlos vorzunehmen sein. Diese Anforderung ist darauf zurückzuführen, dass flächendeckend gesichert keine Elektrofachkräfte bei den Feuerwehren zur Verfügung stehen. Daher gilt es, den Kreis der zur Bedienung der Netzersatzanlage befähigten Einsatzkräfte möglichst weit auszudehnen, um so im Bedarfsfall jederzeit handlungsfähig zu sein.
Mit Fokus auf die Planung von Ersatzstromversorgungen wird ausdrücklich darauf hingewiesen, bereits im Anfangsstadium einen auf Netzersatzanlagen spezialisierten Elektrofachbetrieb oder ein Planungsbüro hinzuzuziehen sowie den zuständigen Verteilungsnetzbetreiber zu beteiligen. Nur so kann eine sinnvolle und auf die Gebäudeinstallation abgestimmte Ersatzstromversorgung für das Feuerwehrhaus realisiert werden. Als Planungsgrundlage kann eine Energiebilanz dienen, die auf Basis der identifizierten funktionsrelevanten Bereiche des Feuerwehrhauses die zu betreibenden Verbraucher abbildet und damit den für die Dimensionierung der Netzersatzanlage relevanten Gesamtleistungsbedarf ausweist. Als Mindeststandard zur Ersatzstromversorgung von Feuerwehrhäusern definiert der Arbeitskreis eine Leistung von 60 kVA.
Eine Grundsatzfrage stellt die Entscheidung zwischen einer mobilen und einer stationären Lösung dar.
Während stationäre Netzersatzanlagen direkt im Gebäude oder im unmittelbaren Außenbereich ortsfest installiert sind und auch nur dort eingesetzt werden können, sind mobile Netzersatzanlagen beispielsweise durch ihr Anhängerfahrgestell oder die Montage auf Abrollbehältern ortsveränderlich und damit augenscheinlich auch zur Einspeisung in andere Objekte als das Feuerwehrhaus geeignet. Hier ist jedoch Vorsicht geboten, da gerade bei unbekannten Objekten häufig keine oder nur unzureichende Kenntnis über die Elektroinstallation, den Strombedarf und die Anlagensicherheit besteht! Im Empfehlungsdokument wird im Bereich der mobilen Netzersatzanlagen bewusst zwischen umschaltbaren (Einsatzstellen- und Einspeisebetrieb) und nicht umschaltbaren Anlagen (nur Einspeisebetrieb) differenziert, da hier für die vorzunehmende Gebäudeeinspeisung unterschiedliche Anforderungen an die Qualifikation des Personals zu stellen sind.
Die zentrale Empfehlung des Arbeitskreises besteht darin, Feuerwehrhäuser stets mit stationären Netzersatzanlagen auszustatten, da im Bedarfsfall nur so eine gesicherte und dauerhafte Ersatzstromversorgung gewährleistet ist.
Ortsfeste Anlagen lassen sich nicht nur bestmöglich an die örtlichen und baulichen Gegebenheiten anpassen, sondern bieten zugleich auch ein Höchstmaß an elektrischer Sicherheit für die Einsatzkräfte. Darüber hinaus kann die Bedienung bzw. Überwachung der Anlage bereits durch elektrotechnisch unterwiesene Personen oder sogar elektrotechnische Laien erfolgen. Stationäre Anlagen erwecken überdies keine Begehrlichkeiten Dritter, diese vom Standort am Feuerwehrhaus zu entfernen und bei sich einzusetzen.
Stationäre Netzersatzanlagen müssen nicht immer baulich in ein Gebäude integriert werden, sondern können bei Feuerwehrhäusern im Bestand auch im Außenbereich nachgerüstet werden. Dabei kommt eine Festinstallation zum Beispiel unter einem Carport (Bild 1), in einer Fertigteil-Betonstation (Bild 2) oder auch in einem 10-Fuß-Container in Betracht. Zu berücksichtigen sind hier natürlich auch die am jeweiligen Standort vorherrschenden klimatischen Bedingungen.
Die Auswahlentscheidung für eine stationäre Netzersatzanlage wirkt sich auch in finanzieller Hinsicht positiv aus, da bei mobilen Anlagen derzeit wesentlich strengere Emissionsgrenzwerte als bei stationären Netzersatzanlagen einzuhalten sind. Damit kann bei der Beschaffung ortsfester Netzersatzanlagen auf deutlich kostengünstigere Verbrennungsmotoren zurückgegriffen werden.
Die aktuelle Version der Empfehlungen für die Ersatzstromversorgung von Feuerwehrhäusern inklusive der zugehörigen Energiebilanz wie auch der Musternotfallplan Stromausfall stehen auf der Homepage der Landesfeuerwehrschule Baden-Württemberg unter folgendem Link unter der Rubrik „Gemeinden“ zum Download zur Verfügung: https://www.lfs-bw.de/themen/kats/
Förderung vom Land
Um die Städte und Gemeinden als Träger der Feuerwehr bei der Beschaffung von Netzersatzanlagen für Feuerwehrhäuser finanziell zu unterstützen, gewährt das Land Baden-Württemberg eine Förderung über die VwV Zuwendungen Feuerwehrwesen. Hierfür wurden vorab entsprechende Fördervoraussetzungen definiert, die es in Abstimmung mit den Bewilligungsstellen bei der Planung zu berücksichtigen gilt.
Krisenhandbuch Stromausfall (2010)
Musternotfallplan Stromausfall (2014) auf der Grundlage des Krisenhandbuchs Stromausfall